Leben ohne Kehlkopf – Informieren, Beraten, Begleiten: Das logopädische Konzept aus Würzburg

Abbildung 1: Die Arbeitsgruppe
Team
Das interdisziplinäre Team vereint Kompetenzen aus der Logopädie sowie der HNO und Phoniatrie.

Abbildung 2: Von links: Hannah Braunreuter, Sabine Mark, Dr. Fabian Kraus, Sonja Steigerwald
Motivation und Innovation
Wenn Menschen an Kehlkopfkrebs erkranken, ist eine vollständige Entfernung des Kehlkopfs oft die einzige lebensrettende Maßnahme. Diese schwere Operation bedeutet für die Betroffenen, dass sie dauerhaft durch ein Tracheostoma (Atemöffnung im Hals) atmen müssen sowie ihre Stimme und ihr Riechvermögen verlieren. Die Diagnose Krebs allein ist schon ein großer Einschnitt – doch die anschließenden körperlichen und seelischen Veränderungen stellen viele Patientinnen und Patienten zusätzlich vor enorme Herausforderungen.
Gerade in dieser Phase spielt die Logopädie eine entscheidende Rolle: Sie begleitet die Betroffenen nicht nur bei der Stimmrehabilitation, sondern unterstützt auch beim Umgang mit der neuen Atemsituation, dem Kanülenmanagement, bei Schluckproblemen und bei der Rückkehr in den Alltag. Das entwickelte logopädische Beratungskonzept setzt genau hier an. Es bietet eine strukturierte und empathische Begleitung, die den gesamten Rehabilitationsprozess mitgestaltet und gibt den Betroffenen Sicherheit, Wissen und Zuversicht.

Abbildung 3: Logopädische Beratungstermine im Überblick und die Patientenbroschüre
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Eine Kehlkopfentfernung stellt für die Betroffenen einen tiefgreifenden Einschnitt in ihr Leben dar – sie betrifft nicht nur die Atmung, die Stimme und das Schlucken, sondern auch das Selbstbild, die Kommunikation und das soziale Miteinander. Ziel des Projekts ist es, Patientinnen und Patienten nach einer Kehlkopfentfernung durch ein strukturiertes logopädisches Beratungskonzept optimal zu begleiten – beginnend bereits vor der Operation, über den Krankenhausaufenthalt hinaus, bis hin zur vollständigen Rückkehr in den Alltag.
Das logopädische Beratungskonzept ist eng mit der onkologischen Therapie und deren Verlaufskontrollen abgestimmt. Durch die verzahnte interdisziplinäre Zusammenarbeit gelingt es, die Behandlung gezielter auf die Bedürfnisse der Krebserkrankten abzustimmen – mit dem Ziel, deren Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.
Dabei geht es vor allem darum:
- ein Verständnis für die Zusammenhänge und veränderten anatomischen-funktionellen Strukturen zu vermitteln
- den Umgang mit einer Ersatzstimme näherzubringen, um die Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen
- den sicheren Umgang mit dem Tracheostoma und notwendigen Hilfsmitteln, wie Trachealkanülen zu fördern
- die Anpassung an mögliche Veränderungen beim Schlucken zu unterstützen
- die Betroffenen emotional zu stärken und ihre Selbstständigkeit im Alltag zu fördern
- die interprofessionelle Kommunikation der beteiligten Berufsgruppen (Ärzte, Pflege, Hilfsmittelversorger, Selbsthilfegruppen) aktiv zu begleiten, um eine abgestimmte kontinuierliche Versorgung sicherzustellen
Das Beratungskonzept berücksichtigt sowohl körperliche als auch emotionale und soziale Bedürfnisse und soll langfristig die Lebensqualität verbessern. Wir möchten hierdurch sicherstellen, dass die Patientinnen und Patienten sich in jeder Phase ihres Krankheitsverlaufs unterstützt fühlen.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Dieses Projekt unterstützt Menschen, die nach einer Kehlkopfentfernung vor tiefgreifenden Veränderungen stehen. Es vermittelt ihnen Sicherheit, Wissen und Mut – und hilft ihnen, sich im Alltag besser zurechtfinden. Die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen stellt sicher, dass die Betroffenen gezielt und individuell unterstützt werden. Das logopädische Konzept verbindet fachliche Expertise mit menschlicher Zuwendung und rückt die Logopädie als wichtigen Bestandteil der onkologischen Nachsorge in den Mittelpunkt. Es stärkt die Selbstständigkeit, Lebensqualität und seelische Stabilität der Betroffenen und schließt eine bestehende Versorgungslücke in der onkologischen Nachsorge.
Eine Förderung würde die Weiterentwicklung des Konzepts ermöglichen – insbesondere um die Riechrehabilitation. Obwohl das Riechvermögen häufig stark beeinträchtigt ist, sind die Geruchsknospen weiterhin vorhanden. Um diese Funktion trotz fehlender physiologische Nasenatmung trainieren zu können, werden spezielle Materialen benötigt. Damit ließe sich den Betroffenen ein weiteres Stück Lebensqualität und Normalität zurückgeben.

Abbildung 4: Ersatzstimmen nach Kehlkopfentfernung